«Scham war ein wichtiger Grund, warum ich solange in der Prostitution war», sagt  Sandra Novak. Sie war während Jahren in Deutschland in der Prostitution. Sie fühlte sich schuldig, dass sie so naiv war, sich wegen einem «Freund» zu verkaufen. Diese Scham hat sie in der Prostitution gehalten, sie holte sich keine Hilfe, weil sie sich keine Hilfe zugestand.

Menschenhandel ist eine der dunkelsten und ruchlosesten Praktiken, die unsere Gesellschaft plagt. Trotz jahrzehntelanger Bemühungen, Bewusstsein zu schaffen und Gesetze zu erlassen, um diese Form der Ausbeutung zu bekämpfen, bleibt der Menschenhandel eine weit verbreitete Realität, die Millionen von Menschen weltweit betrifft. Von sexueller Ausbeutung über Zwangsarbeit bis hin zum Handel mit Organen – die Bandbreite der Grausamkeiten, die mit dem Menschenhandel einhergehen, ist erschütternd und fordert Antworten. Das riesige Thema des Menschenhandels überfordert und lässt oft rat- und tatlos zurück. Was können wir dagegen tun?

Die Geschichte von Sandra zeigt, dass sich die Menschen Würde und Wert wünschen. Sie verurteilen sich selbst schon genug. Wenn wir ihnen auf Augenhöhe begegnen, sie ernst nehmen und ihnen eine Stimme geben, machen wir einen Unterschied. Hier zwei einfache Möglichkeiten, wie du dich für mehr Menschenwürde einsetzen kannst:

So machst du den Unterschied

Konsum ist eng mit dem Menschenhandel verknüpft, da je nach Produktionsort die Ware unter Ausbeutung der Arbeitskraft hergestellt wird. Zum Beispiel verdienen Arbeitnehmende in Kleiderindustrie nur 18 Rappen pro T-Shirt oder Kreuzfahrtangestellte müssen bis zu 8 Monaten am Stück arbeiten. Solche unwürdigen Arbeitsbedingungen finden in allen Branchen statt. Konsumentinnen und Kosumenten unterstützen oft unwissentlich den Menschenhandel. Wir trinken Kaffee, den Kinder gepflückt haben oder gehen zum Barbier oder ins Nagelstudio, wo die Angestellten nicht angemessen entlöhnt werden. Unsere Kaufentscheide haben einen direkten Einfluss auf den Markt. Produkte, die unter fairen Bedingungen hergestellt wurden, haben ihren Preis. Da lohnt sich der Secondhandmarkt, das Repair-Café oder die Tauschbörse. Wir dämmen den Menschenhandel ein, wenn wir Produkte zu fairen Preisen kaufen und vor allem weniger konsumieren. Praktisch bedeutet dies beispielsweise, die Lebensdauer des Smartphones voll auszuschöpfen, anstatt regelmässig das neueste Modell zu kaufen. In Smartphones sind seltene Metalle verbaut, die oft in Krisengebieten abgebaut werden – wo nicht auf die Einhaltung der Menschenrechte geachtet wird. Es gibt leider kaum fair produzierte Smartphones. Die Kleiderindustrie ist einen kleinen Schritt weiter. Es gibt verschiedene Unternehmen, die sich für faire Bedingungen einsetzen. Ein Blick ins Internet lohnt sich. Mit unserem Konsum können wir ein Zeichen gegen Menschenhandel setzen.Wir glauben, dass wir dadurch gemeinsam Hoffnung und ein Stück Gerechtigkeit den Menschen weltweit bringen.

Alle Menschen haben den gleichen Wert – Walk For Freedom

Einmal jährlich laufen wir am Walk For Freedom für all jene Menschen, die selbst ihre Stimme nicht erheben können. Oder sich, wie Sandra, schämen, dies zu tun. Gemeinsam laufen wir in einer stillen Einerkolonne durch die Strassen und machen auf das Thema Menschenhandel aufmerksam. Wir setzen uns für eine Welt ein, in der alle Menschen die gleichen Chancen haben. Wir zeigen damit, dass alle Menschen den gleichen Wert haben.

Der nächste Walk For Freedom findet am Samstag, den 19. Oktober 2024, in Bern, Basel, Luzern, Zürich und Neuchâtel statt. Durch unsere kollektive Stimme und unser Handeln können wir eine Welt schaffen, in der alle Menschen gleiche Chancen haben und in der niemand mehr stumm bleiben muss.

Michèle Marti, Mitarbeiterin Lona Project, sie ist eine Vernetzerin und freute sich riesig, als sie eine passende Secondhand-Latzhose fand.

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